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  • Beitrag veröffentlicht:16. August 2020

„Der Reisende sieht Dinge, die ihm unterwegs begegnen,

der Tourist sieht das, was er sich vorgenommen hat zu sehen.“

G.K. Chesterton

Es ist schon wieder passiert! Ich wache morgens in meinem Schlafsack* auf und frage mich: „Wie bin ich denn hierher gekommen?“ Den ganze Tag über ist man am Laufen, vorbei an alten Kirchen, durch Dörfer und Felder. Manchmal wissen wir bereits am Morgen wo wir abends schlafen werden: Ein Campingplatz, eine Schutzhütte im Wald oder eine Herberge. Es kommt jedoch auch oft vor, dass wir zwar ein Etappenziel haben, jedoch noch nicht wissen wo wir genau schlafen können. 

So erging es uns auf der Etappe von Dieulouard nach nach Villey-Saint-Etienne. Wir hatten das kleine Dorf als Ziel ausgesucht, da wir auf diese Weise am nächsten Tag schnell in das 12km entfernte Toul gelangen konnten. 

In Villey-Saint-Etienne angekommen, waren wir uns fast schon sicher, auf freundliche Franzosen zu treffen. Im Dorf folgten wir dem Jakobsweg und hielten Ausschau nach einem sympathischen Haus, um zu erfragen, ob es im Dorf eine Herberge oder Unterkunft für Pilger gibt. Zwei Gespräche auf offener Straße später, wurde uns ein Hoftor geöffnet und wir durften unser Nachtlager bei Christiane und Christian aufschlagen. Zwar hatten sie Besuch von Freunden und waren in den Vorbereitungen für eine kleine Feier anlässlich ihres 50. Hochzeitstages, dennoch empfingen sie uns herzlich und versorgten uns mit köstlich erfrischenden Wassermelonen und leckeren Stockfischbällchen (accras). Abends gab es in gemütlicher Runde Wein und Mirabellen-Likör. 

Am nächsten Morgen haben sie uns die Adresse eines guten Freundes in Toul gegeben, der genau wie Christian Mitglied im „Lions Club Toul“ ist. 

Die kleine Stadt Toul mit ihren 16.000 Einwohnern hat viel von ihrer früheren Größe und Einfluss verloren. Dennoch wird jedem Besucher dieser Stadt schnell klar, dass Toul einst eine mächtige und wohlhabende Stadt gewesen sein muss. Ohne viel Geld wäre  der Bau einer Kathedrale, sowie einer großen Kirche nicht möglich gewesen wäre. Bereits aus einiger Entfernung konnten wir dieses imposante Gebäude über die Bäume ragen sehen. 

Leider wurden viele Teile der Stadt im zweiten Weltkrieg von den Franzosen zerbombt, als diese versuchten, die deutschen Soldaten aus der Stadt zu vertreiben. So erinnern nur noch wenige Straßenzüge an die unterschiedlichen Epochen der Stadtgeschichte.

Vor der Kathedrale St. Etienne trafen wir auf zwei weitere Deutsche: Zunächst auf Karo, wenig später auf Christian. Im Schatten der Kathedrale unterhielten wir uns mit ihnen und machten Pause, bevor wir uns auf die Suche nach unserem möglichen Gastgeber Alain begaben.

Als uns Alain die Tür öffnete empfang uns ein französisch aussehender, zunächst wortkarger und distanzierter Mann. Er begrüßte uns auf Deutsch und bat uns herein. Nach einer kleinen Erfrischung begaben wir uns auf einen Stadtrundgang und Alain zeigte uns voller stolz „seine“ Stadt. Wir erfuhren viele kleine Geschichten über die Kathedrale, die Kirche und die kleinen Gässchen dieser geschichtsträchtigen Stadt, die einst Hauptsitz des größten Bistums war. 

Dabei wurden wir uns immer sympathischer und wir verstanden langsam Alains deutschen Humor, den wir nicht erwartet hätten. Nach kurzer Zeit lachten wir gemeinsam über gute Witze und schlechte Konter. Nebenbei konnten wir noch so manches über die französische und deutsche Geschichte lernen.

Diesen schönen Tag beendeten wir mit einem gemeinsamen Essen im „Le Pavillon Bleu“. Ich probierte dabei ein typisches Gericht dieser Region: Andouillette, eine Wurst bestehend aus den Innereien des Schweins. Der Geschmack war gewöhnungsbedürftig aber nicht zwingend schlecht. Außerdem sollte man stets Neues wagen und probieren.

Danke Alain für deine Gastfreundschaft und die geniale Zeit! Scheibe für Scheibe gehen wir den Weg auf Santiago de Compostela, bis die ganze Salami uns gehört!

 

Unser Dank und unsere Glückwünsche gehen speziell auch an Christiane und Christian. Wir hoffen ihr hattet trotz der Umstände eine rundum schöne Jubiläumsfeier mit vielen guten Freunden. Ihr seid besondere Menschen! 

Um nach Vezelay zu gelangen, mussten wir den Jakobsweg bei Vaucouleurs verlassen. Dieser verläuft ab Vaucouleurs Richtung Le Puy.

Jeanne d’Arc
Portal de France

Einen Kilometer vor Vaucouleurs haben wir in einer kleinen günstigen Herberge einen Ruhetag eingelegt. Es tat gut, die Füße hochzulegen und in Flip-Flops das Dorf zu erkunden. Hier in Vaucouleurs hat Johanna von Orléans um Geleit zum König gebeten, um diesen von einem Feldzug gegen die Engländer zu überzeugen und Frankreich zu befreien.

Worüber sollen wir nächste Woche berichten?

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Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Michael

    Hallo,
    Ich fiebere immer den neuen Episoden Eurer Europareise entgegen.
    Ich finde Eure Erfahrungen toll.
    Sie werden mich inspirieren, wenn ich auch auf die große Tour gehe.

    Ich freue mich schon auf den nächsten Teil!

    LG
    Michael

  2. Christine

    Mir geht es wie Michael, eure Berichte sind einfach super spannend und ich staune jede Woche, was ihr so alles auf dem Weg erlebt, welche Menschen euch die Türen öffnen und einige Stunden ihres Lebens mit euch teilen.
    Was ich gerne von euch hören würde ist:
    Verändert sich die Bedeutung von Zeit auf dieser langen Pilgerstrecke?
    Zieht eine größere Gelassenheit in den Pilger-Alltag ein?
    Gott segne euch
    Christine

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