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  • Beitrag veröffentlicht:5. September 2017
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Wir haben uns schon immer draußen zu Hause gefühlt. Trotzdem waren wir bis dahin noch nie mehrere Tage zu Fuß unterwegs. Vielleicht war es Bequemlichkeit oder die mangelnde Erfahrung…

Dies sollte sich alles ändern, als wir auf den Meraner Höhenweg in Südtirol aufmerksam wurden.

Der insgesamt 100 Kilometer lange Rundweg entführte uns in unterschiedlichen Etappen in die atemberaubende Alpenlandschaft der Texelgruppe. Trotz dem vorzeitigen Abbruch und einem seltsamen Gefühl des Versagens, lies er in uns eine Leidenschaft für das Fernwandern erwachen, die bis heute ungebrochen ist.

ES GEHT LOS

Der Meraner Höhenweg gehört zu den schönsten hochalpinen Rundwanderungen Europas und kann in 5 bis 8 Etappen begangen werden. Hierbei kann jeder selbst die Zahl der Etappen auf Grundlage von Erfahrung, Kondition und verfügbarer Zeit planen.

Wir sind in der Ortschaft Naturns gestartet und haben uns für 6 Tagesetappen entschieden.

 

Andere Möglichkeiten der Einteilung, alternative Startpunkte sowie Herbergen und Ausrüstung haben wir für euch in der Zusammenfassung „Alle Infos zum Meraner Höhenweg + Etappen“ aufgelistet.

ERSTE SCHRITTE

Von Naturns zur Rableid Alm (16 km, 1080hm Aufstieg, 550hm Abstieg)

Vorfreude und Spannung erfüllt mich, während wir die ersten Schritte auf dem Meraner Höhenweg in Richtung Linthof gehen. Schon die ersten Aussichten hinab ins Etschtal mit seinen unzähligen Apfelfeldern versprechen viel.

 

Der Rucksack auf unseren Schultern fühlt sich noch ungewohnt an und auch die Wanderstöcke wollen erst eingelaufen werden. Der Weg wechselt zu Beginn zwischen Asphalt und Wanderpfad, zwischen leicht ausgesetzten Abschnitten und breiteren Wanderwegen. Dies kommt uns als eher unerfahrene Wanderer nur zugute.

Eine Aussicht folgt der nächsten. Schnell vergessen wir den Rucksack und die Wanderstöcke. Alles fühlt sich richtig an, so als solle es genau so sein. Eben habe ich noch die kleine hölzerne Bergkapelle eines urigen Bergbauernhofes bestaunten, da erblickt Frau Locke bereits die rote Kirchturmspitze von Katharinaberg. Oberhalb des Dorfes, mit der sehr nah am Abhang gebauten Kirche, gönnen wir uns eine erste längere Rast.

Wir folgen den roten-weißen Markierungen weiter hinein ins untere Pfossental. Der Weg verläuft gemächlich bergauf, zieht dann jedoch mehr und mehr an. Hier merke ich meinen Rucksack und jedes Gramm Gewicht deutlich. Schleppend passieren wir den Gasthof Jägerrast, machen noch einmal kurz Rast und erreichen wenig später unser Etappenziel auf 2000 Metern Höhe: Die Rableid Alm.

Sie entpuppt sich als kleiner gemütlicher Gasthof umgeben von Weiden, inmitten einer wunderschönen Landschaft. Die freundliche Wirtin empfängt uns und wir entspannen nach diesem ersten anstrengenden Tag bei einem leckeren Abendessen. Das hölzerne Bauernzimmer mit wärmendem Ofen gefällt uns auf Anhieb. Hier tanken wir neue Kraft und tauschen mit anderen Wanderern Erfahrungen und Erlebnisse bis tief in die Nacht hin aus.

LAUFENLERNEN

Von der Rableid Alm nach Pfelders (18,5 km, 878hm Aufstieg, 1.220hm Abstieg)

Noch bevor die ersten Sonnenstrahlen die Wiesen des Pfossentals erreichen, sind wir wach. In der gemütlichen Bauernstube der Rableid Alm beginnen wir den Tag mit einem deftigen Frühstück: Selbstgemachter Käse wird mit traditionellem „Vinschger Paarlbot“ serviert.

Im Licht der aufgehenden Sonne wandern wir zwei Kilometer gemächlich durch die bezaubernde Tallandschaft entlang des Pfossenbaches.
Besser geht es fast nicht! Ein gutes Gefühl zu lernen, wie man mehrere Tage läuft.

Unter den imposant aufragenden Gipfeln der Texelgruppe, umgeben von saftigem Grün halten wir immer wieder kurz an, um einfach zu genießen. Wir genießen die Stille, die klare Luft, das leise Plätschern der Bäche und Wasserfälle. Blökende Schafe sind in einiger Entfernung zu sehen und Kühe grasen gemächlich neben dem Pfad. Scheinbar belustigt schaut uns eine Gruppe von drei Kühen zu, wie wir den Weg verlassen müssen, um an ihnen vorbeizukommen.

 

Zwischen dem leisen Klang der Kuhglocken hören wir plötzlich das Pfeifen eines Murmeltieres. Einige Minuten später entdecken wir die wachsamen Tierchen, die gut 50 Meter entfernt vom Weg die Sonne genießen. Bergidylle vom feinsten!

Bevor wir den Eisjöchl Pass auf 2.897 Metern Höhe erreichen, müssen wir eine kurze und einfache Kletterpassage absolvieren. Mit Händen und Füßen geht es das grobe Blockwerk hinauf. Oben eröffnet sich uns der Blick in das nächste Tal. Hinter uns das urwüchsige Pfossental, vor uns das sonnenbeschienene Pfelders Tal, mit seinem windenden Bergbach. Wir haben es geschafft! Den Höchsten Punkt des Rundweges erfolgreich erklommen! Was für ein Gefühl! Ich bin überwältigt!

Mit müderwerdenden Beinen geht es über unzählige Serpentinen langsam hinab ins Tal. Dabei machen uns einige ausgesetzte Stellen und Geröllpassagen zu schaffen. Diese sind trotz unserer Unerfahrenheit, schließlich gut zu meistern. Entlang des Pfelder Baches geht es entspannt und ohne merkliche Höhenmeter nach Pfelders.

Schönes Tal auf der zweiten Etappe des Meraner Höhenweg
Wandervergnügen im Pfelderstal

GEGENSÄTZE

Von Pfelders zum Valtelehof ( 20 km, 470hm Aufstieg, 1.040hm Abstieg)

Gurgelnd empfängt uns der Pfeldersbach, dem wir talabwärts folgen. Der sich ständig wandelnde Weg führt über Bergwiesen, Kuhweiden, an kleinen Bergbauernhöfen vorbei und spart auch die kleinen Fichtenwäldchen nicht aus. Dabei wechselt der Untergrund für meinen Geschmack etwas zu oft von angenehmen Trampel- oder Wiesenpfaden zu Asphalt- oder Schotterstraßen. Dafür entlohnt erneut die Landschaft um uns herum: Kleine Brücken über tosende Flüsse, weite Blicke in den Talgrund, alte knorrige Kiefern, deren Wurzeln den Waldweg umschlingen. Dieser Teil fühlt sich so gänzlich anders an, als die Etappe am Tag zuvor.

Kurz vor der kleinen Ortschaft Innerhütt machen wir Pause. Zwei Bauern sind am gegenüberliegenden Berghang zu sehen. Sie mähen mit Sensen das Gras des steilen Hanges. In Gedanken schauen wir ihnen bei der Arbeit zu. Wie wir sind sie erschöpft, stehen wie wir in dieser wunderschönen Natur, doch sind wir zur Erholung, sie zum Arbeiten hier.

 

Gegensätze in einem kurzen Moment.

Der steile Aufstieg durch den Kiefernwald hinauf zum Valtelehof fordert uns noch einmal so richtig heraus. Gedanklich zähle ich die 400 Meter mit – Schritt für Schritt.
Mein Rucksack ist eindeutig zu voll gepackt, mit zu viel unnützen Sachen. Schließlich haben wir es geschafft und genießen die Ruhe auf dem Gasthof.

Still ist es hier oben.

Valtelehof: Ziel der dritten Etappe des Meraner Höhenwegs
Der Valtelehof

Nicht viele Wanderer gehen den kleinen Umweg zu diesem schönen Hof. Die Besitzerin erzählt uns und vier weiteren Wanderern die Geschichte des Hofes, gibt uns Tipps für die weitere Wanderung und berichtet von eigenen Erfahrungen. Für Lockes starken Sonnenbrand gibt sie uns eine kleine Flasche Johannisbeer-Öl, der wohltuend kühlt.„Paarlen“ gemeinsam mit würzigem Vinschger Almkäse, Kaminwurzen und Speck verzehrt. Dazu empfiehlt sich ein gutes Glasl Vernatsch oder hausgemachter Holundersaft.

FALLEN UND AUFSTEHEN

Vom Valtelehof zum Gasthof Brunner (11 km, 850hm Aufstieg, 850hm Abstieg)

Die vereinzelten Wolken können den Sonnenschein nicht abhalten; weder am frühen Morgen auf dem Weg, noch in unseren Herzen. Der Weg führt am Berg entlang oberhalb des Tals. Genüsslich wandern wir an blühenden Bergwiesen vorbei, steigen in kleine Seitentäler hinab, überqueren Flüsse und steigen wieder auf. Nie mehr als 200 Höhenmeter auf einmal. Stets mit genügend Abwechslung ohne, dass es zu anstrengend würde.
Gerade noch schweift mein Blick in das grüne Tal hinab, da höre ich Lockes fluchende Stimme.


Ihr Knie durchfährt ein stechender Schmerz. Bei jeder Belastung sticht es unterhalb der Kniescheibe. Nur mühsam schaffen wir es bis nach Magdfeld hinauf.

 

Zur Schonung machen wir eine ausgiebige Pause.

Sollte dies das gezwungene Ende unserer ersten Mehrtagestour sein? Zur Entlastung übernehme ich für ca. 2 Kilometer Franzis Rucksack.

 

Langsam kommen wir voran.
Jeder Schritt schmerzt.

 

Einzig die atemberaubende Natur um uns herum, motiviert uns weiter zu gehen. Moosüberwucherte Steinstufen führen uns durch einen märchenhaften Wald. Nackte Felsen ragen empor, alte knorrige Bäume winden sich umeinander und scheinen größere Felsblöcke zu verschlingen. Diese Etappe empfinden wir – trotz der Strapazen der Knie – als die schönste von allen. Zwar begegnet einem hier kein hochalpiner Flair, keine schroffen Felsen ragen in schwindelerregende Höhen, dafür präsentiert sich die Alpenlandschaft von einer urwüchsigen und bezaubernden Seite.

Ein letztes Mal steigen wir noch ab, überqueren eine kleine Holzbrücke, auf der wir eine Familie aus Hessen begegnen. Der kleine Junge antwortet auf unser „Guten Tag“ mit einem „Ei gude wie“, worauf wir anhalten und ins Gespräch kommen.

Schließlich erreichen wir den Gasthof Brunner. Ab jetzt hat Lockes Knie Pause. Wir gönnen uns ein köstliches Mittagessen und warten bei bestem Ausblick auf den Bus, der uns zurück nach Naturns bringen soll.

 

WEITERGEHEN

Gedanken auf der Rückfahrt.

Nach vier Tagen aufgegeben. Ich schaue hinauf zu den Bergen, die an mir vorbeiziehen, während wir zurück Richtung Naturns fahren. Dort oben wären wir gewesen, hätten hinabgeschaut und uns gefragt, was die Menschen im Tal gerade tun. Jetzt sind wir die Menschen im Tal und fahren nach Hause.

Schatten auf dem Meraner Höhenweg

Dennoch ist etwas geblieben. Wir haben den unbekannten Weg in unseren Herzen mitgenommen, haben das Abenteuer und die Vorfreude auf Neues nicht oben auf den Gipfeln gelassen, sondern in eine Ecke unseres Rucksacks verstaut. Erst etwas später, beim Auspacken der Rucksäcke zu Hause in Deutschland, sind wir auf die Erinnerungen gestoßen. Erinnerungen an atemberaubende Ausblicke, unerwartete Begegnungen, neue Erfahrungen hinter der nächsten Wegbiegung und Vertrautes an ungewohnten Orten.

 

All diese Erinnerungen und Sehnsüchte haben wir gut gepflegt und wachsen lassen.

 

Sie haben uns in die malerische Landschaft des Elbsandsteingebirges und auf lange Strecken durch den Thüringer Wald geführt.

ALLE INFOS ZUM MERANER HÖHENWEG

Länge:

Der Meraner Höhenweg ist 100 Kilometer lang und beinhaltet in etwa 5.000 Höhenmeter im Aufstieg. Diese Weglänge kann dank eines guten Hüttennetzes individuell in 5 bis 9 Tagen begangen werden.

Wegführung:

Der Weg umrundet als Rundtour den Naturpark Texelgruppe. Die Wege sind gut beschildert und führen meist über Pfade und Wanderwegen (bei der Durchquerung verschlafener Bergdörfer auch Asphalt). Stets verläuft der Weg im majestätischen Schatten der markanten Zinnen der Texelgruppe. Bei jeder Etappe sind mehrere hundert Höhenmeter zu überwinden.

Anforderungen:

Dank der guten Hüttenstruktur, einer angemessenen Weglänge und der sorgfältigen Wegführung, ist der Meraner Höhenweg für unerfahrene wie erfahrene sportliche Bergwanderer zu empfehlen.

 

Erwähnt werden muss die Etappe über das Eisjöchl, da diese mit ihrem steilen felsigen Aufstieg eine gute Kondition und Trittsicherheit erfordert. Dafür können hier erste Erfahrungen im hochalpinen Bergwandern gemacht werden, ohne direkt mehrere Tage hochalpin unterwegs sein zu müssen.

 

Insgesamt bereitete uns der Meraner Höhenweg als Anfänger keine größeren Probleme. Wir haben uns nicht speziell darauf vorbereitet, sondern brachten unsere grundlegende Kondition von kleinen Tageswanderungen mit.

Anreise:

Egal ob mit Bahn, Bus oder dem eigenen Auto: der Meraner Höhenweg ist problemlos von Deutschland aus zu erreichen.

 

Bahn:
Mit der Bahn kannst man von Deutschland per Direktverbindung nach Bozen gelangen und von dort mit dem Regio nach Meran. Ab dort fahren Busse zu den verschiedenen Seilbahnen, die auf die Höfe am Meraner Höhenweg führen (Hochmut Seilbahn in Dorf Tirol, Unterstell Seilbahn in Naturns, Texelbahn in Partschins)

 

Website: Deutsche Bahn
Website: Österreichische Bundesbahn
Website: Schweizer Bundesbahn
Website: Südtiroler Nahverkehr

 

Auto:
Mit dem eigenen Auto kann man am Besten seinen Startort individuell bestimmen. Bei der Anreise solle beachtet werden, dass man in Österreich eine Vignette kaufen muss, um die Autobahn zu benutzen. In Italien fallen Brenner-Gebühren von etwa 9€ sowie weitere Mautgebühren von etwa 11€ an. Parkplätze gibt es rund um den Meraner Höhenweg genug.

 

Fernbus:
Natürlich kann auch mit dem Fernbus nach Bozen oder Meran angereist werden.

Übernachten:

Die einzelnen Etappen setzen eine Übernachtung in einer der Berggasthöfe voraus. Besonders in der Hauptsaison können diese schnell ausgebucht sein, sodass man rechtzeitig reservieren sollte. Das gleiche gilt für Einzelzimmer. Wer nicht im Schlafsaal schlafen möchte sollte auch in der Nebensaison die Zimmer vorab reservieren.

 

Mehr Infos zu den Gasthöfen direkt am Meraner Höhenweg findest du auf dieser offiziellen Website der Unterkünfte.

Beste Jahreszeit:

Das Eisjöchl ist je nach Schneeverhältnissen von Ende Juni bis Mitte September schneefrei. Die anderen Etappen lassen sich problemlos zwischen Mai und Oktober begehen.

Wer den kompletten Meraner Höhenweg gehen möchte, sollte sich zwischen Mitte Juni und Mitte September auf den Weg machen.

Ausrüstung:

Der Meraner Höhenweg ist die perfekte Tour für eine Wanderung mit leichtem Gepäck. Sie eignet sich zudem für Personen, die selbst noch keine Ausrüstung besitzen, denn dank einer guten Infrastruktur sind die Anforderung an die Ausrüstung nicht sehr hoch. Auch muss keine Verpflegung, die über Müsliriegel und Trinken hinausgeht, mitgeführt werden.

 

Da das Wetter im Gebirge schnell umschlagen kann, sollte wie bei jeder anderen Wanderung auch ein Regenschutz und ein wärmendes Kleidungsstück extra eingepackt werden. Für die Etappe über das Eisjöchl sind gegebenenfalls Wanderstöcke sinnvoll, da manche Abschnitte etwas steiler sind.

 

Wir sind eindeutig mit zu viel Gepäck unterwegs gewesen! Viele der Dinge haben wir nicht benötigt. Aus heutiger Sicht würden wir radikal reduzieren und uns bei jedem Gegenstand fragen, ob wir diesen wirklich brauchen.

10 Ausrüstungsgegenstände, die aus heutiger Sicht auf keinen Fall bei dir fehlen dürfen, haben wir euch HIER zusammengestellt. 

Weg anch Pfelders auf der zweiten Etappe

Musstest du bereits Wanderungen abbrechen?

Wie bist du damit umgegangen? Welche Erfahrungen hast du gemacht?


Wir freuen uns auf deine Kommentare!

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