Du willst nicht in überfüllten Herbergen schlafen? Das Übernachten in Hotelzimmern passt für dich nicht zur Einfachheit des Pilgerns? Du suchst die Nähe zur Natur und denkst darüber nach, ob Zelten auf dem Jakobsweg möglich ist?
Wir sind von Hessen nach Santiago gepilgert, mit Zelt, Isomatte und Schlafsack. Nicht überall war das Zelten auf dem Jakobsweg möglich, doch über weite Strecken konnten wir in Deutschland auf dem Rothaarsteig (Bericht) oder an der Mosel (Bericht), Frankreich und Spanien auf dem Jakobsweg zelten.
Unsere Erfahrungen und Tipps zum Zelten auf dem Jakobsweg wollen wir mit dir teilen.
Erlebnisse
Um es direkt zu sagen: Während den 7 Monaten im Zelt, haben wir uns oft nach einer Herberge gesehnt, statt nach unserem Zelt. Regenwochen zerstörten uns die Romantik vom Zelten auf dem Jakobsweg mit Sonnenuntergängen und milden Nächten. Doch wir würden es genauso wieder tun, denn das Zelten am Jakobsweg führte auch zu den besten und schönsten Erinnerungen des Weges:
So erlaubte uns ein Bauer unser Zelt auf seinem Acker aufzuschlagen und war begeistert von unseren Geschichten und Erlebnissen. Er gab uns Tipps für den weiteren Weg und kam später erneut hinausgefahren, um nach uns zu sehen. Von ihm erfuhren wir einiges über die Region und wie sich vieles verändert hat.
In der nähe von Zubiri schlugen wir unser Zelt neben einer alten Abbey auf, die von einem Südafrikaner restauriert wird. Es war eine so wunderbare Gemeinschaft, mit ihm und anderen Pilgern, die ebenfalls bei ihm übernachten durften, dass wir beinahe länger geblieben wären.
In so manchem Herbergsgarten durften wir unser kleines Zelt aufschlagen und für einen Bruchteil der eigentlichen Kosten die Duschen und die Küche verwenden.
Als wir in einer alten Kirche abseits des Dorfes übernachteten, wurden wir von der Polizei kontrolliert. Da wir jedoch kein Feuer oder Müll hinterlassen hatten und lediglich das kleine Zelt im Windschatten aufgeschlagen hatten, wünschte man uns nachts um halb 1 einen „Buen Camino!“ und lies uns erholsam weiterschlafen.
Wo auch immer wir hinkamen, halfen uns Menschen und unterstützten uns bei der Suche nach einem Schlafplatz, denn nicht viele Zelten auf dem Jakobsweg.
Das passende Zelt
Jeder kennt das. Man freut sich auf einen erholsamen Urlaub im Zelt und dann regnet es rein, der Platz reicht nicht aus, der Aufbau dauert in der Dunkelheit unglaublich lange und am nächsten Morgen krabbeln die Ameisen über einen.
Auch das Zelten auf dem Jakobsweg, kann zu einem Desaster werden, wenn das Zelt nicht stimmt. Für uns musste es bestimmte Anforderungen erfüllen.
Anforderungen:
- Platz für Personen + Gepäck
- Leichter Auf- und Abbau
- Geringes Gewicht für eine lange Strecke
- Robust und Wetterbeständig
- Freistehend bei ungeeigneten Böden (Beton/Asphalt)
- Kleines Packmaß
Diese Punkte waren für uns grundlegend wichtig und haben sich in der Praxis bewährt. Ein schneller Auf- und Abbau nimmt viel Stress bei schlechtem Wetter oder bei einsetzender Dämmerung. Auch merkst du nach hundert Kilometern jedes Gramm Gewicht, sodass ein Zelt sorgfältig gewählt werden möchte. Dass unser Innenzelt/Moskitonetz freistehend war, also ohne Abspannschnüre stehen konnte, erwies sich in warmen trockenen Nächten als Segen.
Sogenannte Trekking-Zelte können schnell mehrere hundert Euro kosten. Daher empfiehlt es sich vorher genau abzumessen, wieviel Platz du benötigt und wie viel Gewicht du tragen kannst. Wir haben die Maße des Zeltes vorher mit Klebeband im Wohnzimmer aufgezeichnet und „Probegelegen“.
Hier sind einige Zelte, die wir in der engeren Auswahl hatten:
- Trek 900:
freistehendes 2 Personenzelt, 1,9kg, ca. 200€ - Naturehike Star River 2*:
freistehendes 2 Personenzelt, 1,9kg, ca. 155€ - Forceatt Zelt*:
freistehendes 2 Personenzet, 2,5kg, ca. 100€
- MSR Hubba Hubba NX2*
freistehendes 2 Personenzelt, 1,4kg, ca. 470€
Pro und Contra
Es ist bereits angeklungen: Zelten am Jakobsweg ist sowohl wunderschön, als auch herausfordernd und anstrengend. Nach über 9 Monaten im Zelt (und einigen Herbergen) haben wir folgende Pro und Contra Punkte zusammengestellt:
Pro:
- Entschleunigung:
Keiner nimmt dir das Bett in der Herberge weg. Du bestimmt dein Tempo und das Ziel der Etappe. - Simpel:
Mit Zelt entkommst du dem Luxus dieser Zeit und lernst andere Dinge zu schätzen. Verzicht macht glücklich - Individuell:
Du kannst eigenständig deinen Tag und die Etappe gestalten und bist nicht auf Herbergen angewiesen. - Natürlicher:
Der natürliche Rhythmus der Natur wird ohne Uhren und Wecker zu deinem eigenen. Es erfrischt die Seele, den Lauf des Tages und der Nacht draußen zu erleben. - Günstig:
Auch wenn die Herbergen nicht teuer sind, spart man Geld. Natürlich will ein Zelt auch gekauft werden, doch dieses sollte einen einige Jahre begleiten. - Kommunikativ:
Manchmal muss man Fragen, wo das Zelten am Jakobsweg möglich ist. So lernt man Menschen kennen und rückt näher an das Land und die Menschen. - Freiheit:
Es ist ein Gefühl der Freiheit, im Zelt zu schlafen. Da ist morgens keine Wand, kein Fenster, sondern die Natur ist dein Zuhause. - Selbstbewusstsein:
Wer im Zelt eine Nacht verbringt, geht gestärkt daraus hervor. Dein Selbstbewusstsein wird größer und stärker durch diese Erfahrung.
Contra:
- Anstrengend:
Nicht nur vom zusätzlichen Gewicht, sondern auch mental. Es ist nicht sicher, wo du abends schlafen wirst, wann du einen Platz findest und ob alles gut geht. - Ungemütlich:
Sonnenschein, alles kein Problem. Wenn beim Zelten auf dem Jakobsweg aber das Wetter umschlägt, dann wird es im kleinen Zelt ungemütlich. - Anschaffungskosten:
Es kostet schon vorher Geld und Zeit, um Zelt, Schlafsack und Isomatte zu besorgen. - Feuchtigkeit: Egal in welchem Zelt man auch schläft. Am Morgen ist es immer etwas Feucht darin. Klamotten sind Klamm und Schlafsäcke müssen am Tag getrocknet werden.
- Ungeschützt:
Ein Zelt bietet zwar Schutz, doch kann ein Gefühl von Verwundbarkeit aufkommen, das in einer Herberge nicht wäre. - Strafbestand:
Es ist zum Teil nicht legal, einfach irgendwo zu Zelten. Diesen Gedanken im Hinterkopf zu haben, kann einem Kraft rauben.
Ist das Zelten am Jakobsweg legal?
Es gibt verschiedene Arten, wie das Zelten auf dem Jakobsweg aussehen kann. Wir haben für dich drei Arten zusammengefasst: Campingplätze, Zelten an Herbergen und das Wildcampen.
Campingplätze:
Campingplätze entlang des Jakobsweges sind rar und finden sich nicht in allen Ortschaften oder Städten. Gerade auf dem Camino-Frances, dem bekanntesten und meist besuchten Jakobsweg, ist es nicht möglich nur auf Campingplätzen zu übernachten.
Dafür bieten sich auf dem Camino-Frances Herbergen an.
Herbergen:
Einige der Herbergen haben kleine Gärten oder Innenhöfe, die man nach vorheriger Anfrage und Anmeldung mit seinem Zelt nutzen kann. Oft ist es sogar gestattet die Bäder und Küchen dieser Herbergen zu benutzen, sodass man nicht auf diesen Luxus verzichten muss. Natürlich hängt es immer von der Jahreszeit und dem Aufkommen der Pilger ab, ob dies gestattet wird. Wir wurden zumindest nur einmal abgewiesen und mussten anderweitig nach einem Platz zum Zelten auf dem Jakobsweg suchen.
So blieb uns nur das Wildcampen.
Wildcampen:
Kurz gesagt: Das Zelten auf dem Jakobsweg abseits von Herbergen und Campingplätzen ist in Frankreich und Spanien gesetzlich verboten. Zum Thema Wildcampen sind die Gesetze sehr deutlich. Trotzdem zeigt die Erfahrung und die Berichte von zahlreichen Pilgern, dass es möglich ist. Zelten auf dem Jakobsweg ist möglich, wenn du sorgfältig und vorbildlich bist. Wir sind auf dem gesamten Weg nur einmal Ordnungskräften begegnet.
Du solltest natürlich bei der Platzwahl Sorgfalt walten lassen und nur eine Nacht an einem Ort bleiben. Verhältst du dich gegenüber dem Ort und der Natur vorsichtig, machst kein Feuer und hältst Ordnung im Bezug auf Müll und Essen, solltest du selbst bei einer Kontrolle ohne Strafe oder Probleme davon kommen.
Es kann dennoch vorkommen, dass du mit einer Strafe von 30€ bis 150€ rechnen musst, solltest du beim Zelten auf dem Jakobsweg den Ort beschädigen oder vermüllen.
Wichtige Regeln zum Zelten auf dem Jakobsweg
- Gibt es in der Nähe einen Campingplatz? Suche diesen auf.
- Frage ggf. bei Einwohnern oder Bauern um Erlaubnis in der Nähe zu Zelten.
- Vergewissere dich, dass du dein Zelt nicht im Naturschutzgebiet oder auf Privatgelände aufbaust.
- Du solltest dein Zelt nach Sonnenuntergang und vor Sonnenaufgang auf- bzw. Abbauen.
- Mache niemals Feuer!
- Hinterlasse alles sauber und nimm Müll (auch Fremden) mit.
- Hinterlasse den Platz ordentlicher, als du ihn vorgefunden hast.
- Störe keine Tiere.
Generell gilt:
Sei rücksichtsvoll und beachte die Hinweise und Bitten von Einheimischen. Du bist Gast in ihrem Land!
Isomatte / Schlafsack
Das beste Zelt nutzt nichts, wenn du keinen erholsamen Schlaf finden kannst. Dafür sind Isomatte und Schlafsack zuständig. Achte neben einem guten Zelt, auch auf eine angemessene Isomatte und einen entsprechenden Schlafsack.
Isomatte:
Als Isolation gegen einen Wärmeverlust an den Boden, darf eine Isomatte nicht fehlen.
Kleines Packmaß und geringes Gewicht, treiben hier den Preis in die Höhe.
Wir haben zwei verschiedene Isomatten auf unseren Pilgerungen und Wanderungen dabei. Eine unverwüstliche Schaumstoff-Matte mit höherem Packmaß und eine aufblasbare Isomatte mit sehr kleinem Packmaß.
- Robuste Schaumstoff-Isomatte
- 400g Gewicht
- Strukturierte Oberfläche für bessere Isolation
- Mehr Schlafkomfort als herkömmliche Schaumstoffmatten
- Nicht anfällig bei Dornen oder Nadeln
- Guter Isolationswert (bis 0°C)
- großes Packmaß da Schaumstoff
Die Therm-a-Rest NeoAir Xlite*
- Hyperleichte Isomatte
- Aufblasbar
- 6,4cm Dicke bieten unübertroffenen Schlafkomfort
- Minimales Packmaß (1L Flasche)
- Reflektierende Materialien für geringen Wärmeverlust
- Hoher Isolationswert von 4,2 (bis -11°C)
- Anfällig gegen Dornen und Nadeln.
- Unterlegplane notwendig
Auch andere Isomatten standen bei uns in der engeren Auswahl: die HIKENATURE Camping Isomatte* oder die Sea to Summit Ultralight Isomatte*. Beides zwei sehr gut bewertete, von uns jedoch noch nicht getestet Isomatten für längere Wanderungen.
Schlafsack:
Die Wahl des Schlafsacks ist ein weiteres großes Thema, das wir hier nur kurz beleuchten wollen. Wichtig ist, zu welcher Jahreszeit der Schlafsack genutzt werden soll und wie viel Geld du ausgeben möchtest.
Wir empfehlen dir keinen reinen Sommerschlafsack zu benutzen, da selbst im Sommer vereinzelte Nächte ungemütlich kühl werden können.
Wir empfehlen dir keinen reinen Sommerschlafsack zu benutzen, da selbst im Sommer vereinzelte Nächte ungemütlich kühl werden können.
Selbst hatten wir den Viking 600 von Warmpeace* mit dabei. Einen drei Jahreszeiten Schlafsack, der uns auch im kalten Herbst warm gehalten hat. Das vergleichbare geringe Gewicht und das super Packmaß hat den Preis von 260€ gerechtfertigt.
Ganz egal was für einen Schlafsack du mitnimmst, wir haben die Einstellung:
Lieber Nachts etwas wärmer, als vor Kälte keinen Schlaf bekommen.
Sonstige Ausrüstung
Neben unserem Zelt (Naturehike Star River 2*), den Schlafsäcken und der Isomatte hatten wir noch weitere Ausrüstung dabei.
Wenn du auf warme Mahlzeiten nicht verzichten kannst, benötigst du einen Gaskocher mit Topf und Besteck. Wir hatten den super leichten (25g) und kleinen BRS-3000t* als Kocher, sowie eine Schraubkartusche* im Gepäck. Jegliches Essen und warmes Wasser für Tee oder Kaffee haben wir in unserem 900ml Lixida Titantopf* gekocht.
Unser Blogeintrag zum „Essen auf dem Jakobsweg“
Es ist etwas, nach einer kalten, klaren Nacht aus dem Schlafsack zu kriechen und sich erneut auf den Weg zu machen. Es ist beschwerlicher, sinnlicher, als in Herbergen. Wir konnten mit den Pilgern von Früher fühle, wie beschwerlich und manchmal beängstigend der Weg gewesen sein muss, wenn keine sichere Herberge am Ende des Tages auf einen wartet.
Ein ganz besonderes Erlebnis, das lange unseren Alltag prägen wird.
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Größten Respekt an euch!
Sehr sympathische Seite, und ein Vorbild für meinen Freund und mich!
Danke für die schönen Berichte.
Buen camino por siempre 🐌