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  • Beitrag veröffentlicht:6. September 2020
  • Beitrags-Kommentare:4 Kommentare

„Two roads diverged in a wood, and I-
I took the one less traveled by,

And that has made all the difference.“

Robert Frost in The Road Not taken

Es ist schon sonderbar.

Man ist auf einem Pilgerweg mitten in Frankreich, aber man trifft nur sehr selten auf andere Pilger. Vielleicht liegt es an der aktuellen Situation mit Corona (COVID) vielleicht aber auch daran, dass der Weg von Vézelay nach Santiago de Compostela nicht die erste Wahl vieler Pilger ist. Viele laufen über Le Puy nach Saint-Jean-Pied-de-Port in den Pyrenäen. Dort wird auch unser Weg auf den bekanntesten aller Jakobswege, den „Camino Frances“ in Spanien treffen.

Dennoch bereuen wir es nicht, diesen Weg gewählt zu haben, denn die Begegnungen und Erkenntnisse des bisherigen Weges wollen wir auf keinen Fall eintauschen!

„In jeder Minute, die du im Ärger verbringst, versäumst du 60 glückliche Sekunden deines Leben.“

Albert Schweitzer

Neben dieser wunderbaren Erkenntnis, sind wir um viele Begegnungen mit anderen Menschen reicher. Unsere Geschichten haben für einen kurzen Augenblick die gleiche Handlung gehabt. Wir durften von uns erzählen und Interessanten Geschichten lauschen. Geschichten von Pilgern wie wir, Touristen schöner Orte oder Reisenden in fremden Ländern. 

Altstadt von Nevers

Heute will ich euch kurz einige dieser besonderen Menschen vorstellen und ihre Geschichten teilen:

Der Radfahrer mit Warnweste:

Manchmal bewundert man andere Menschen, bevor man auch nur ein einziges Wort mit ihnen gewechselt hat. In Nevers auf dem Campingplatz gegenüber der Altstadt schlug ein älterer Mann mit Fahrrad sein kleines Zelt auf. Er war alleine unterwegs, trug eine gelbe Warnweste und schien bester Laune zu sein. Erst am Abend bekamen wir kurz die Gelegenheit, seine Geschichte zu erfahren. 

Frau Locke sprach ihn nach dem Abendessen an, nachdem wir uns den Tag über gefragt hatten, woher er kommt und wohin er gehen will. Nie hätten wir gedacht mitten in Frankreich einen Iren zu treffen!

Michael aus Irland

Sein Name ist Michael und er ist mit dem Fahrrad unterwegs von Lyon zurück nach Hause. Natürlich ist dies manchmal schwer für einen über 60 Jährigen, aber er denkt dann immer an seine verstorbenen Freunde und wie sehr sie dies alles genossen hätten. Dadurch schöpft er neuen Mut und macht weiter. Insgesamt ist er ein grundlegend positiver Mensch, der viel über Irland schwärmt und viel lacht. Zudem konnte ich endlich wieder einmal das schöne Lied „The Fields of Athenry“ nicht nur mit Frau Locke, sondern mit einem echten Iren singen.

Zum Abschied schenkte er uns ein neues Lied: „The Manchester Rambler“

 

Dieses Lied üben wir seitdem unterwegs.

 

Danke Michael, für die schöne Stunde im Abendlicht von Nevers.

Die gastfreundliche Herbergsmutter:

Auf einer Etappe vor Vézelay ging unser Wasser zur Neige. Wie in solchen Situationen üblich klingelten wir in der nächsten Ortschaft an einer Haustür. Diese war blau, wie auch der Gartenzaun, die Fensterläden und die kleinen Wegweiser, die uns zu diesem Haus in Accolay geführt hatten. Es ist die Herberge „Repos et Respire“ von Petra, die uns freudig strahlend die Tür öffnete.

Sie kommt aus der Niedlande und ist selbst verschiedene Wege nach Santiago gegangen. Jetzt baut sie seit zwei Jahren dieses kleine Häuschen zu einer Pilgerherberge mit viel Liebe um. Im schattigen Garten durften wir entspannen und Kaffe und Tee genießen.

Danke Petra, für deine Gastfreundschaft. Wir hoffen auf gutes Gelingen mit deiner Herberge und viele interessante Pilger in den kommenden Jahren.

Petra aus den Niederlanden

Ein fröhlicher Nachbar:

Manchmal lernt man sich ohne Worte kennen. Auf einem Campingplatz schlug neben uns ein Franzose sein Zelt auf und begrüßte uns zunächst nur mit einem breiten Lächeln. Erst als er nachmittags ein Bier öffnete und ich ihm einen Daumen nach oben zeigte, entstand ein erste zaghaftes Gespräch mit Händen und Füßen. Dank Frau Lockes Sprachkenntnissen und einer Flasche Champagner, lernten wir uns besser kennen. Nico kommt aus der Champagne und ist seit einem Monat mit dem Auto unterwegs durch gesamt Frankreich. 

Nico aus Frankreich

Zum Abschied schenkten wir ihm ein Stück Kuchen und er uns ein breites Lächeln.

 

Danke Nico, für den Genuss der Champagne und die Unbeschwertheit trotz der Sprachbarrieren.

Zeltan auf dem Jakobsweg
Idyllischer Ort entlang des Caminos
Der Fluss Allier

Das Ehepaar im Campervan:

Die Muschel an unseren Rucksäcken gibt immer wieder Anlass für Gespräche. So lernten wir Jürgen und seine Frau Karen auf dem Campingplatz in Nevers, während unserem Pausetag, kennen. Die beiden hatten die Muschel an Frau Lockes Rucksack gesehen und nur darauf gewartet uns anzusprechen. Wir wurden von ihnen zu Kaffee, Kuchen und einem Eis eingeladen. So hatten wir die Gelegenheit, unsere Geschichten zu teilen. 

Karin und Jürgen aus Deutschland

Sie sind mit ihrem ausgebauten Van unterwegs. Ähnlich wie wir, nur etwas später in ihrem Lebenslauf, haben sie sich ein halbes Jahr freigekommen, die eigene Wohnung verkauft und sind losgefahren: 3 Monate durch Spanien und 3 Monate durch Skandinavien. Sie haben viel gesehen und erlebt und freuen sich mit uns über das Erlebte der vergangenen zwei Monate.

Jetzt machen sie einfach Urlaub in Frankreich und genießen die Zeit. Dank ihnen kamen wir in Genuss von selbstgebackenem Kuchen, den Karin über dem Gaskocher im Omnia Campingbackofen* gebacken hat. Absolut irre das Teil!

Omnia Campingbackofen
Typischer Wegweiser

Am Abend gab es dann in gemütlicher Runde Rotwein, Chips und Käse. Ein rundum perfekter Ruhetag!

Zum Abschied schenkten sie uns eine Packung Schweizer Butterkekse: „Kägi“ Diese tragen wir seitdem mit uns mit und werden sie beim Erreichen der 1500 Kilometer öffnen.

Danke Karin und Jürgen, für die mutmachenden Worte, eure Unterstützung und Gastfreundschaft.

Altstadt Saint-Amand-Montrond

Der plötzliche Pilger:

Es ist immer etwas besonderes, wenn wir auf andere Pilger treffen. Wir setzten uns gerade bei einem Campingplatz an den Tisch, als Dominique plötzlich vor uns stand. „Compostell?“ war die erste Frage, die wir mit einem fröhlichen „Oui!“ beantworteten. Er ist seit Vézelay auf dem Camino unterwegs und möchte hier mehr über sich und über Gott erfahren. Er hat einen Monat Zeit und schaut wie weit er Richtung Santiago de Compostela kommt. Zum Glück hatte er Englisch in der Schule gehabt, sodass wir einen Tag gemeinsam bei guten Gesprächen pilgern konnten. Zur Frühstückszeit lud er uns auf ein französisches Schokobrötchen und eine Limonade ein.

Dominique aus Frankreich

Danke Dominique, dass du eine Strecke des Weges mit uns gegangen bist und deine Geschichte mit uns geteilt hast.

Immer wieder sind wir erstaunt, wie offen und herzlich die Menschen auf uns reagieren. Lächelnd an den Haustüren, winkend in vorbeifahrenden Autos oder mit einem „Bon chemin!“ auf der Straße. 

 

Es ist gut, diesen wenig begangenen Weg gewählt zu haben.

 

Danke an alle, die uns unterstützen!

Wen könntest du in deinem Alltag unterstützen?

Locke und Hut 02.09.2020

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Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Franz

    Hallo! Locke und Hut
    Ich freue mich auf ein Wiedersehen mit Ihnen, und ich bin froh dass es Ihnen gut geht
    und Sie schöne Entdeckungen machen:
    „Schöne Menschen treffen schöne Menschen“.
    Gute Reise
    @ + Franz

    1. Herr Hut

      Hallo Franz,
      Sehr gerne kommen wir dich nach unserer langen Wanderung besuchen! Hoffentlich wohnst du dann noch immer in dem schönen Häusschen. Sag uns auf jedenfall Bescheid, wenn du umziehen solltest!
      Beste Grüße,
      Locke und Hut

  2. Christine

    Danke für all eure Erlebnisse und die schönen Fotos in eurem Blog. Ich staune jede Woche, was ihr alles erlebt, wie viele Kilometer eure Füße bereits zurückgelegt haben, wie der Bart wächst und wie braun ihr beide geworden seid. Euch beiden viel Kraft und Ausdauer und weiterhin so mutmachende und überraschende Begegnungen mit den Menschen am Wegesrand. Gott befohlen.

    1. Herr Hut

      Das freut uns sehr zu hören! Wir merken immer erst wie sehr wir uns doch verändert haben, wenn wir uns alte Bilder vom Beginn der Reise anschauen. Danke für eure Unterstützung! Die nächsten Tage werden anstrengend im Bezug auf die Unterkünfte.
      Wir werden euch auf dem Laufenden halten.
      Beste Grüße

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